Presse


„(....) Ein weiteres szenisches Unternehmen bezieht seine Wirkung gerade aus dem kargen epischen Ansatz: siebzig Schüler aus Dessauer Gymnasien singen die Schulopern "Der Jasager" und "Der Neinsager" so engagiert, daß den lehrstücktrockenen Texten tatsächlich Leben und neue Glaubwürdigkeit zuwächst. Weills kollektivgläubiger, mit pulsierenden Rhythmen und kanonischen Strukturen gezeichneter "Jasager" gerät in reizvollen Gegensatz zum individualistischen "Neinsager", dem Reiner Bredemeyers Vertonung aus dem Jahre 1990 die griffige Gestalt zwölftöniger Splitterfiguren verlieh.“
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. März 2006

„...In Dessau war nun erst die zweite Produktion der beiden Werke in der von Brecht gewünschten Kombination zu erleben. Kurt Weills Tonsprache ist bezüglich der Gesangspartien wie auch von Chor und Orchester ganz auf die Möglichkeiten einer Schulaufführung zugeschnitten, und diese gelang in Dessau auf wirklich beachtlichem Niveau. In der nüchternen Atmosphäre in der Turnhalle des Liborius-Gymnasiums - nicht einmal die Sportgeräte an den Wänden waren verhüllt - entwickelten Schüler von Gymnasien aus Dessau und Rosslau sowie der Musikschule Dessau eine stimmige, überzeugende Darstellung der beiden Werke. (...)
Michael Melerski hatte ein aus schlichten unverkleideten Podesten bestehendes Einheitsbühnenbild entworfen, das die Schauplätze karg andeutete, dazu einheitlich graue Kostüme für alle Beteiligten. In der Regie setzte Silke Wallstein in Weills Opus auf einen analog zur Musik als einheitliche Masse geführten Chor sowie bei den Solisten auf sparsame Bewegungen. Musikalisch blieben im Jasager keine Wünsche offen. Friedemann Neef führte das Ensemble sicher durch die von klaren Rhythmen bestimmte Partitur.
In Reiner Bredemeyers Neinsager trug Silke Wallstein der Entstehungszeit, aber auch der progressiveren, vielschichtigeren Tonsprache Rechnung und ließ den Chor als bewegte Individuen auftreten, die als Reportermeute mit Notizblocks und Kameras das Geschehen neugierig verfolgten. Auch die solistischen Partien waren nun eigenständiger und emotionaler geführt. Mit der atonalen rhythmisch komplexen Musik Bredemeyers hatte vor allem das 17-köpfige solistisch besetzte Orchester einige Schwierigkeiten, während Solisten und Chor auf der Bühne auch hier mit staunenswerter Souveränität agierten. Immerhin war dies nicht nur die zweite Aufführung dieses ungleichen musikalischen Paares nach der Uraufführung, sondern auch die erste von Bredemeyers Oper durch Schüler, für die sie eigentlich nicht geschrieben wurde. Und aus dieser Perspektive haben sich die Schüler in der Dessauer Premiere höchst achtbar geschlagen. Viel Beifall für eine nach außen kleine, nach innen große, außergewöhnliche Produktion.“
mdr figaro, 1.4.06

„(...) Die Kontraste sind erheblich: Weill schrieb eine stringente neoklassizistische Partitur, während Bredemeyers Musik durch punktuelle Ereignisse und kürzere Phrasen das Zögern einkomponierte. Während bei Weill Zweifel an dem dargestellten „großen brauch“ (erkrankte Exkursionsteilnehmer dem Tode zu überantworten) nur zwischen den Zeilen hörbar werden, zeigt sich bei Bredemeyer schon im Klang der Zerfall althergebrachter Gewissheiten. Die hier angelegte Polarität akzentuierte Silke Wallstein deutlich in ihrer Inszenierung (...).
Schon am Vorabend der Aufführung wurde unter der musikalischen Leitung von Friedemann Neef ganz hervorragend, klar und präzise musiziert und gesungen – überdies mit erstaunlich guter Textverständlichkeit auch bei den jungen Solisten. Auf dem wie improvisiert wirkenden Brettergerüst in der Turnhalle des Liborius-Gymnasiums bewegten sich die Jugendlichen zuverlässig, flink und aussagekräftig. Während sie im „Neinsager“ heutige Verhaltensweisen an den Tag legten (von der gereizten Atmosphäre zwischen dem Knaben und seiner Mutter bis zum lässigen Auftreten des Lehrers) wurde im „Jasager“ eine ideologisch geformte Gesellschaft sichtbar, wie man sie im Osten Deutschlands noch vor 17 Jahren erleben konnte. (...)“
Der Neue Merker, Wien, 1. 4. 2006

„(...) Erstmals seit fast 12 Jahren gab es in Dessau die Kombination von Weills Jasager-Vertonung mit dem 1990 von Reiner Bredemeyer komponierten Neinsager zu sehen und zu hören. Weder die Thematik noch die Musik kommen heutigen Jugendlichen besonders entgegen. Umso bemerkenswerter ist es, dass es gelang, das Orchester, Gesangssolisten und Chorsänger der Musikschule mit Chorsängerinnen und –sängern von vier örtlichen Gymnasien zusammenzubringen. (...) Die musikalische Leitung lag bei Friedemann Neef, dem Orchesterleiter der Dessauer Musikschule, die Gestaltung des Bühnenbildes bei Michael Melerski und die künstlerische Gesamtleitung bei Silke Wallstein. Ich konnte aus Termingründen nur die Generalprobe verfolgen, bekam aber später von zuverlässigen Gewährsleuten bestätigt, was ich schon in der Generalprobe erlebte: dass hier ganz hervorragend, klar und präzise musiziert und gesungen wurde – überdies mit erstaunlich guter Textverständlichkeit, dass die Schülerinnen und Schüler in der Turnhalle des Liborius-Gymnasiums zuverlässig, flink und aussagekräftig bewegten. Und das beide Schulopern überzeugend als Kontrast gestaltet waren. (...) Pointiert wurde die hier schon angedeutete Polarität durch die szenische Deutung. Der Jasager lief ab „wie am Schnürchen“. Für Zweifel an dem überlieferten Brauch, erkrankte Exkursionsteilnehmer ins Tal hinabzuwerfen, und an der Regel vom Einverständnis war kein Platz. Hier erlebte man die ideologisch formierte Gesellschaft der Vergangenheit. Im Neinsager ging es gegenwärtig und damit wesentlich lockerer zu. Heute gestattet man sich Denkpausen, Schüler haben Fotohandys, Reiseführer und Notizbücher dabei, Lehrer rauchen zwischendurch auch mal eine Zigarette und lassen sich sogar ein wenig herumschubsen, ohne dass ihre Autorität darunter litte. Im Ernstfall- ob es keine Schande sei, umzukehren- sind sie doch noch gefragt. Vielleicht ist der Jasager als solcher nicht so eindeutig zu interpretieren, zu auffällig ist in Brechts Text, wie aus den großen Lehrern jenseits der Berge auf einmal die „großen Ärzte“ werden. Und zu ambivalent ist bei Weill der Tango-Rhythmus besetzt, der wiederholt im entscheidenden Gespräch des Lehrers mit dem Knaben anklingt. In der Kombination aber wirkt Silke Wallsteins Inszenierung schlüssig. (...)“
„(...) Anregende Lebendigkeit stattdessen, wenn das arme epische Theater zu seinem Recht kam: Unter der konzentrierten musikalischen Leitung von Friedemann Neef, im strengen Bühnenbild von Michael Melerski und der sparsam-glaubwürdigen Regie von Silke Wallstein überzeugten Schüler von Gymnasien aus Dessau und Umgebung mit den Schulopern „Der Jasager“ und „Der Neinsager“. Der Einfachheit und Klarheit der Darstellung entsprach der engagiert - präzise und textverständliche Gesang von Chor und Solisten – die Einstudierung besorgte Marianne Kaiser von der Musikschule Dessau. In Weills pulsierenden Rhythmen erhält das „Jasager“ - Konzept des Vorrangs der Gemeinschaft vor dem Individuum, in Reiner Bredemeyers zwölftönig zersplitternder Vertonung der Individualismus des „Neinsagers“ plastische Gestalt. Schön, wie auch die Regie die Gestik hier individualistisch auflöst. (...)“
Oper und Tanz, März / April 2006

„(...) Eine mittlere Sensation war die Aufführung der Doppelparabel Der Jasager / Der Neinsager von Kurt Weill und Reiner Bredemeyer am katholischen Liborius-Gymnasium – durch ein meisterhaft vorbereitetes Schülerensemble. (Regie: Silke Wallstein, Leitung: Friedemann Neef). Dass sich Kinder und Jugendliche mit derart großer Virtuosität einer solchen Herausforderung stellen, ist alles andere als selbstverständlich (...)“
Das Orchester, Mai 2006

„(...) Elf Solisten und über 30 Chorsänger agieren unter der souveränen musikalischen Leitung von Friedemann Neef auf der Bühne und bewältigen die schwere Partitur in erstaunlicher Reife. War die Stuttgarter Uraufführung 1994 noch bedeutungsschwanger düster und apokalyptisch geraten, gelang es den Dessauer Schülern, frisches und unverbrauchtes Theater auf hohes künstlerisches Niveau zu zeigen. 2 Premieren - 2 Konzepte. Die Komische Oper Berlin und die Musikschule Dessau: David gegen Goliath. Und der Ausgang ist wieder mal derselbe. Man lernt nie. Aus.“
Das Blättchen, Mai 2006

„(...) Die Dessauer Aufführung ist von besonderer Bedeutung, weil es die überhaupt erst zweite Realisierung beider Werke in der von Brecht gewünschten Zusammenstellung ist, auch, weil sie in der vielseitigen Komplexität erstmalig ausschließlich von Jugendlichen realisiert wird. Und – es ist auch eine Aufführung geworden, die für die Zuschauer in der vollbesetzten Turnhalle am Liborius-Gymnasium ein einprägsames und nachhaltig wirkendes Theaterereignis war. (...) Die Gäste der Aufführung erlebten ein gut gemachtes, zeitlos gültiges Stück der Weltliteratur. (....) Spiel und vor allem Gesang mit guter Diktion waren ausgezeichnet. (...) Das Orchester unter Leitung von Friedemann Neef begleitete sehr aufmerksam und einfühlsam, gestaltete die unterschiedlichen musikalischen Auffassungen von Weill und Bredemeyer wirkungsvoll.“
Magdeburger Volksstimme, 4.3.06

„(...) Dass die Interpreten zugleich die eigentlichen Adressaten waren, gab der Premiere nicht nur den Rang einer Uraufführung. Es verband im Liborius-Gymnasium zudem künstlerische und pädagogische Effekte auf faszinierende Weise. (...) Obwohl „Der Neinsager“ auch in der Orchesterbesetzung und in der Stimmführung der Sänger eine Eskalation bis zur dissonanten Vereinzelung fordert, bleibt die Verbindung zwischen Bühne und Orchester stabil und organisch. Und dank der Gesangspädagogin Marianne Kaiser tragen selbst kleine Stimmen weit – vor allem, wenn sie von einem Podestgipfel kommen. Dorthin hat Regisseurin silke Wallstein den Chor gestellt, dorthin sind die Reisenden unterwegs und dort soll sich die Wahl zwischen Ja und Nein entscheiden. Die Inszenierung folgt den musikalischen Vorgaben (...) Ihren Halt aber findet sie in der Masse, die zugleich die Position des Zuschauers spiegelt. (...) Dass sich Kinder und Jugendliche mit derart großer Verantwortung und Virtuosität der Herausforderung stellen, ist alles andere als selbstverständlich. Bei B.B. heißt es: „Wichtig zu lernen vor allem ist Einverständnis.“ Dass man darunter auch die Einladung zu einem großen Werk verstehen kann, bei dem ausnahmslos alle Mitwirkenden auf und hinter der Bühne stehenden Applaus verdienen und bekommen, hat Dessau gezeigt“
Mitteldeutsche Zeitung, Halle, 3.3.06

„(...) der Funke sprang über. Stehende Ovationen. Einem Aufgebot von hoch engagierten Laien, Musikschülern, Lehrern, Mädchen, Jungen, wenigen Profimusikern gelang eine fantastische Aufführung (Dirigent: Friedemann Neef). (...) Dem Ereignis gemäß die Kargheit des Bühnenbildes von Michael Milerski. Zu ebener Erde im Vordergrund das Orchester, hölzerne Aufbauten dienen als Spielfläche. Sänger, Solisten, dunkel gefärbt ihre Lippen, tragen frei nach Brecht graue Arbeitskleidung. Regisseurin Silke Wallstein wählte für die beiden Stückvarianten konkurrierende Besetzungen. (...) Zu erleben waren in Dessau zwei wirklich unterschiedlich inszenierte Versionen. Die eine, Weillsche, geriet eher oratorisch, die andere, Bredemeyersche, ist in den spielerischen Aktionen ungleich lebendiger. (...) Der Witz zwischen den komponierten Lehrstückmodellen liegt im Unterschied zwischen „Einverständnis“ und „Ein Verständnis“. Die Differenz ist himmelweit. Und so sind die Modelle auch inszeniert worden. Von einer fähigen Regisseurin. (...)“
Neues Deutschland, 2.3.06

[…] Wallstein: Die Inszenierung der beiden Opern geht über Schülertheater oder Schultheater im herkömmlichen Sinne hinaus. Der Aufwand mit Solisten, Chor und einem Orchester ist außergewöhnlich. […]
Markworth: Wichtig ist uns auch, dass verschiedene Akteure und Unterstützer zusammenarbeiten: die Dessauer Gymnasien, das Roßlauer Goethe-Gymnasium und die Musikschule Dessau, Kurt-Weill-Fest, Anhaltisches Theater und der Förderkreis […]
Mitteldeutsche Zeitung, 3.11.05

„Große Konzentration verraten die Augen der Schüler, die zwischen den Noten und den Händen Friedemann Neefs hin- und herspringen. Hier sind alle hoch motiviert, und das, obwohl die Premiere von "Jasager" und "Neinsager" erst in einem guten halben Jahr sein wird.“
Mitteldeutsche Zeitung, 12.7.05

[…] Der Förderkreis der Musikschule, der seit 1998 arbeitet, hat ein Schul-Oper-Projekt "Jasager/Neinsager" geplant. Entwickelt und realisiert wird es von Schülern der Musikschule und Dessauer Gymnasien sowie der Berufsfachschule. In Workshops sollen Bühnenbild, Kostüme und Werbematerial entstehen.
Mitteldeutsche Zeitung, 2.3.05